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Thema /

Berufsunfähigkeitsversicherung

Für Sie zusammengefasst.

Mitten in der Ausbildung berufsunfähig – Was nun?

Haben die Parteien, während sich der Versicherungsnehmer noch in der Ausbildung oder im Studium befand, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, haben sie damit auch vereinbart, dass die angestrebte berufliche Tätigkeit versichert ist. Kann der Auszubildende krankheitsbedingt diese Tätigkeit nicht mehr ausüben oder gar die Ausbildung nicht beenden, darf die Versicherung ihn unabhängig von einem unter Umständen auch höheren Einkommen nicht auf einen "unterwertigen" Beruf verweisen, der seine frühere Qualifikation und seinen beruflichen oder sozialen Status unterschreitet.

Der beschwerliche Weg des Versicherungsnehmers

Der junge Versicherungsnehmer schloss eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab, als er sich noch im Studium des Wirtschaftsingenieurwesens befand. In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Versicherung hieß es sinngemäß, dass Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn der Versicherte infolge ärztlich nachzuweisender Krankheit voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % außerstande ist, seiner vor Eintritt des Versicherungsfalles zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sollte der Versicherte jedoch eine andere, seiner Ausbildung oder Erfahrung und bisherigen Lebensstellung entsprechende berufliche Tätigkeit konkret ausüben, liege keine Berufsunfähigkeit vor. Als entsprechend wurde dabei nur eine solche Tätigkeit angesehen, die keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und auch in ihrer Vergütung und Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau der bislang ausgeübten beruflichen Tätigkeit absinkt. Außerdem räumte sich die Versicherung ein Nachprüfungsrecht ein.

 

Der Versicherungsnehmer brach sein Studium Mitte 2006 ab und begann eine Rechtspflegerausbildung und wurde zum Rechtspflegeranwärter bei einem monatlichen Einkommen von bis zu knapp 900,00 €. Noch bevor er diese Ausbildung beenden konnte, erkrankte er Anfang 2008 wegen einer Psychose arbeitsunfähig. Die Versicherung bewilligte ihm die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente von knapp 900,00 € sowie die Beitragsfreistellung. Ende 2011 begann der Versicherungsnehmer eine Ausbildung als technischer Zeichner, die er Anfang 2015 abschloss. Fortan verdiente er in seinem Ausbildungsunternehmen als technischer Produktdesigner monatlich knapp 1.800,00 €. Im Nachprüfungsverfahren stellte die Versicherung ihre Leistungen ein, weil sie den Versicherungsnehmer auf eine Tätigkeit als „Netztechniker“ verwies. Er habe nun einen besseren Verdienst. Zudem sei eine gleichwertige soziale Stellung eines technischen Zeichners gegenüber einem Rechtspfleger anzunehmen. Im Übrigen sei der Versicherungsnehmer ja nur Rechtspflegeranwärter gewesen und habe seine Ausbildung gar nicht beendet.

Antrag auf Leistungen trotz neuer Tätigkeit

Der Versicherungsnehmer verlangte dennoch von seiner Versicherung von Mitte 2015 bis Mitte 2016 Leistungen. Da die Versicherung ablehnte, klagte der Versicherungsnehmer, verlor in der ersten Instanz und bekam vor dem OLG schließlich recht.

 

Während das Landgericht die Klage abwies, weil es annahm, dass der Kläger von der Tätigkeit des Rechtspflegers auf die Tätigkeit als technischer Zeichner verwiesen werden könne, weil das Einkommen wesentlich den sozialen Status präge, hatte die Berufung des Klägers vor dem OLG Erfolg. Dort wurde ihm der Rentenanspruch, wie beantragt, zugesprochen. Die Versicherung habe den Versicherungsnehmer nicht auf die erlernte und (zwischenzeitlich) konkret ausgeübte Tätigkeit des technischen Zeichners verweisen dürfen.

Die Tätigkeiten im Vergleich

Das OLG nahm Bezug auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Versicherung und stellte fest, dass der Versicherte in dem von ihm ausgeübten Verweisungsberuf unabhängig von einem - wie hier - unter Umständen auch höheren Einkommen nicht „unterwertig“ beschäftigt sein darf. Dies sei bei der Tätigkeit als technischer Zeichner gegenüber der Tätigkeit als Rechtspfleger der Fall. Denn bereits die Ausbildung als Rechtspfleger sei erheblich höherwertig als die Ausbildung zum technischen Zeichner. In der Folge legte das OLG dezidiert dar, welche Unterschiede beide Berufe und deren Ausbildungsweg aufweisen. Beispielsweise müsse ein Rechtspflegeranwärter eine zum Hochschulstudium berechtigende Schulbildung vorweisen, während es sich im Gegensatz dazu bei der anerkannten Ausbildung zum technischen Zeichner nur um eine mittlere Reife voraussetzende, duale Ausbildung handle, die mit einer einfachen (Gesellen-)Prüfung abschließe.

 

Vor allem aber seien auch beruflicher und sozialer Status nicht vergleichbar. Denn während Rechtspfleger nach Ablauf der Probezeit zu Beamten auf Lebenszeit ernannt würden, bliebe dem Kläger als technischer Zeichner im Betrieb nur der gesetzliche Kündigungsschutz. Auch die Aufgaben und die zu tragende Verantwortung seien grundsätzlich verschieden. Nach eingehender Prüfung gelangte das Gericht außerdem zu dem Ergebnis, dass der Kläger seine Ausbildung zum Rechtspfleger tatsächlich erfolgreich abgeschlossen hätte und auf Lebenszeit verbeamtet worden wäre, wenn er nicht erkrankt und berufsunfähig geworden wäre.

Auch in der Ausbildung die zuletzt ausgeübte Tätigkeit maßgeblich

Für den Versicherungsnehmer, der eine Berufsunfähigkeitsversicherung noch während seiner Ausbildung abschließt, ist diejenige Ausbildung bzw. berufliche Tätigkeit maßgeblich, die konkret zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt wurde. Dabei ist im Falle eines Abbruchs der Ausbildung aufgrund von Berufsunfähigkeit entscheidend, ob der Azubi ohne Erkrankung die Ausbildung hypothetisch beendet hätte. Ist dies der Fall, darf er nicht auf eine im Vergleich zum Ausbildungsberuf unterwertige Tätigkeit verwiesen werden.

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